Episode 01

Episode 01

WIE KAM ES EIGENTLICH ZU DEN VILLEN IM WIENERWALD?

Dieser Blogbeitrag eignet sich für alle…

…die einen groben historischen Überblick über die Zeit haben möchten, in der die Villen im Wienerwald entstanden sind.

Wie bereits im letzten Blogbeitrag erwähnt, hat sich meine Kollegin, Sonja Veidinger, in ihrer Arbeit mit diesem Thema befasst und hier möchte ich nun einen kleinen Auszug daraus mit euch teilen.

Ein kurzer Rückblick…

Die Zeit von 1814 bis 1848 wurde als der Vormärz bekannt, in dem die Lebenslust, mit kulturellen Höhenflügen, als Hauptmerkmal gilt. Daneben galt eine starke Zensur, in der das Spitzelwesen und die Geheimpolizei besonders umtriebig war. Überall dort, wo die Heiterkeit den Ernst des Lebens überdecken sollte, wurde getanzt, und zwar den Walzer. So gaben 1842 die Wiener Philharmoniker ihr erstes Konzert.[1]

1848 begann die Märzevolution in Wien. Das „Sturmjahr“ 1848 wurde zur schwersten Krise des Habsburgerreiches seit seinem Bestehen. Sie spielte sich an mehreren Schauplätzen und auf verschiedenen politischen Ebenen ab. In Österreich war es eine bürgerlich-liberale, teilweise auch eine soziale Revolution; teilweise auch durch Missernte entzündet. In Italien und Ungarn war es eine nationale teilweise auch soziale Revolution.

Als sie im Herbst 1848 ausbrach, wurde sie mit blutigen Maßnahmen zurückgeschlagen. Im Oktober dankte Ferdinand I. ab und Franz Joseph I. bestieg den Thron. Politisch brachte das Jahr 1848 das Ende der Grundherrschaft. Neue Gesellschaftsschichten, das Bürgertum und das Proletariat strebten nach Macht. Franz Joseph befahl dann auch die Stadterweiterung von Wien und regte damit die Bautätigkeit an.[2]

[1] Chorherr, S. 105. [2] Chorherr, S. 106-112.

Erholung im Wienerwald

Der Wienerwald wurde durch die Eröffnung der Südbahn 1842 und der Westbahn 1858 für größere Bevölkerungsschichten erschlossen. Neben der bisherigen Forstwirtschafts- und Jagdnutzung kam die Funktion als Erholungsgebiet dazu und der Wienerwald wurde zur Sommerfrische genutzt.

Mobilität ermöglichte die Entstehung von Villensiedlungen

Durch die erhöhte Mobilität konnte die Umgebung Wiens neu erschlossen werden. Durch Eingemeindungen von Wiener Vororte, wie z.B. Floridsdorf, bekam z.B. die dort vorhandene Maschinenindustrie einen großen Aufschwung. So wuchsen Stadtgebiet und Vororte mehr zusammen und in den Vororten befand sich bereits seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Villenviertel.[1] Bürger begannen am Ortsrand oder an exponierten Stellen freistehende Häuser zu errichten, die über Gärten oder Vorgärten verfügten und sich von der geschlossenen Bebauung abgrenzten. Die Nachfrage nach repräsentativem Wohnraum stieg deutlich an und Villen galten als repräsentativ und boten ausreichend Platz für große Familien und das Personal.

[1] Stadt Wien, Stadtwachstum, 2020.

Der Wienerwald öffnet sich für die Wiener

Der Wienerwald galt und gilt mit dem Kamptal als traditionelle Wiener Naherholungsräume. Viele kleine Orte entwarfen eigenen Prospekte und erlangten überregionale Bekanntheit. Es wurde ein eigener illustrierter Wegweiser durch die österreichischen Kurorte, Sommerfrischen und Winterstationen herausgebracht.

[1] ANNO 2020.

Was hatte es nun mit dieser „Sommerfrische“ auf sich?

Der Begriff „Sommerfrische“ wurde vor allem im 19. Jahrhundert als „Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Lande zur Sommerzeit“ oder „Landlust der Städter im Sommer“ geprägt. Primäre Gründe dafür waren wirtschaftlich, da im Sommer des Öftern der landwirtschaftliche Betrieb zu betreuen war, der die wirtschaftliche Basis seiner Herrschaften bildete. In der „Urlaubszeit“, im Winter, ruhte die Landwirtschaft und man konnte in die Stadt übersiedeln und am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

In Kreisen der Aristokratie wurde mit dem Aufblühen der Städte der saisonale Wechsel vom Stadtpalais in die Sommerresidenz wieder üblich. Durch die Einführung der Eisenbahn, war die Sommerfrische fester Bestandteil des Sommerlebens und wurde meist in den dafür errichteten Saisonvillen verbracht. Damit einhergehend war die Sommerfrische auch mit dem beginnenden Tourismus eng verbunden und wurde durch Wanderungen, Bergsteigen oder Badegelegenheiten in Freibädern oder Seen ergänzt. [1]

So wurde der Begriff der Sommerfrische sowohl für die Verlegung des Wohn- und Arbeitsortes auf das Land und auch als „Urlaub auf dem Lande“ verstanden.[2]

[1] Grimm 1905. [2] Fischer 2017.

Natur hatte plötzlich etwas mit Ästhetik zu tun

Die Natur wird erst zu Anfang der Neuzeit in ihrer ästhetischen Dimension als Objekt der künstlerischen Betrachtung begriffen und erfahrbar gemacht. So steht auch die Villa als architektonisches Produkt in Zusammenhang mit der ästhetischen Entdeckung der Natur.[1]

[1] Hajos. S. 20

Rettung des Wienerwaldes

Um 1870 setzte im Wiener Raum die ersten organisierten Villensiedlungen ein. Neben der bekannten Währinger Cottagebewegung gab es auch beispielsweise in Mödling solche Anlagen. Der Wienerwald kämpfte im 19. Jahrhundert mit zwei großen Problemen, der Verbindung der Sommerfrische mit der Industrie. Die draus resultierenden siedlungssozialen Probleme wurden durch die politischen Auseinandersetzungen, um den Wienerwald, überschattet. Die Gefährdung dieser großen Naturlandschaft durch die Spekulation der Holzindustrie und Bauparzellierung machte die Frage nach einer Besiedelung dieses Gebietes erst richtig aktuell. Durch den Journalisten und späteren Bürgermeister Joseph Schöffel wurde der Wienerwald gerettet und als Naturfreund war die „naturverbundene“ Villa eine attraktive Bauform in unmittelbarer Nähe zu Wien. Er organisierte Villenbesiedelungen, die zwar optisch mit dem Wald in Berührung standen, diesen jedoch nicht gefährdeten.[1]

[1] Hajos, S. 29-30.

Die Verkörperung der nie aufgegebenen Hoffnung…

„Die Villa des 19. Jahrhunderts war die vielleicht wichtigste Verkörperung der nie aufgegebenen Hoffnung, einen neuen Stil zu finden. Sie wurde nie einzeln als ein für sich stehendes Monument betrachtet, sondern als Bestandteil der ästhetisch begriffenen Natur. Durch sie wurde eine spezifische Lebensauffassung ausgedrückt.“[1]

So der Kunst- und Gartenhistoriker Dr. Hajos Geza. [1] Hajos, S. 52.

Sei hautnah dabei bei meiner Arbeit

Und dieser Lebensauffassung werden wir uns in diesem Podcast widmen! Die Villen wurden nämlich nicht von allen Menschen geliebt und haben durchaus auch kontroversielle Diskussionen ausgelöst, wie wir eben gehört haben.

Alles Liebe Deine

Anja Rechberger

Leave a Comment